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Pfeifenorgel – nichts für Kinder?

Text und Bilder: Thomas Hagen

Kalkar. So denken viele. Weil Kinder zu klein sind. Weil sie erst mal ein anderes Instrument beherrschen müssen. Weil sie die Komplexität der Orgel nicht begreifen. Alles falsch! In der Evangelischen Kirchengemeinde Kalkar wurde in der Woche nach Ostern das Gegenteil bewiesen. 28 Mädchen und Jungen im Alter zwischen 8 und 12 Jahren waren da mit Eifer bei der Sache und nahmen am Kurs „Orgel kinderleicht“ der Kirchenmusikerin und Musikpädagogin Johanna Wimmer teil. Viele der Kinder konnten zuvor keine Noten lesen und hatten keine Erfahrungen mit einem Instrument. Am Ende der Woche gaben alle Kinder ein Abschlusskonzert, das begeisterte.

Alles geht auf einen Impuls von Presbyter Guntram Friese zurück. Er wwill sich nicht damit abfinden, dass in unserer Kirche Organisten-Nachwuchs fehlt. Außerdem ist ihm als Vater klar, dass Kinder begeisterungsfähig und lernbegierig sind. Warum also warten und viele Hindernisse auftun, bevor man ihnen die Orgel nahebringt? Er fand das Angebot von Johanna Wimmer und musste das Presbyterium nicht überreden – alle waren sofort dafür, Kindern unserer Umgebung das Angebot zu machen. Dabei ging es dem Presbyterium von Beginn an nicht um den eigenen Nutzen. Die Kinder sollten sich mit Orgel-Lust infizieren. Es war ohne Belang, aus welchem Ort sie kommen oder welcher Glaubensrichtung sie angehören. Wenn daraus in ferner Zukunft auch ein Nutzen für eine Kirchengemeinde irgendwo entsteht – umso besser. Deshalb wurden die Kosten bis auf 20,00 Euro Verpflegungsbeitrag und einen großzügigen Zuschuss der Stadt Kalkar vollständig von der Kirchengemeinde getragen.

Schließlich haben 28 Kinder teilgenommen, die aus Orten zwischen Geldern und Kleve in Kalkar zusammenkamen. Das Gemeindehaus und die Kirche vibrierten vor Leben: Kinder, die allein und in kleinen Gruppen an den bereitgestellten Keyboards und Orgel-Pedalen saßen, sich gemeinsam mit Notenblättern befassten und abstimmten, wer wann was zu tun hatte, Gruppen, die zwischen Gemeindehaus und Kirche pilgerten. Dazwischen Sing- und Lernspiele mit etwas notwendiger Theorie in der großen Gruppe, Basteln, Malen, Toben im Garten, vollwertiges Mittagessen, organisierte Pausen, sofortige Zuwendung, wenn es mal hakte oder ein Kind traurig war. Alles in verblüffender Konzentration, aufeinander mit größter Rücksicht bezogen und gleichzeitig mit kindlicher Freude. Man merkte in jeder Minute, dass Johanna Wimmer und ihr Team aus weiteren drei Frauen mit höchstem pädagogischem Knowhow den Kindern das bestmögliche Orgel-Erlebnis vermittelten. Am deutlichsten wurde das an den begeisterten, fröhlichen, konzentrierten Kindern, die ab Tag 2 mit großem Selbstbewusstsein die Räume, die Übe-Instrumente, die ehrwürdige Kirchenorgel aufsuchten und nutzten.

Was zuvor und in der Theorie ein wenig nach leicht übertriebenem Zielversprechen geklungen hatte, wurde beim Abschlusskonzert tatsächlich Realität: die Kinder nahmen die Konzertbesucherinnen und -besucher nicht nur mit einem auswendig vorgetragenen Lied mit auf eine Orgelreise, sondern auch mit ihren kleinen Musikstücken, die sie jeweils zu dritt auf der Orgel vortrugen. Der Beifall für die jungen Musikerinnen und Musiker und für Johanna Wimmer und ihr Team war mehr als gerechtfertigt.

Und wie geht es weiter? Was, wenn ein Kind nach der Woche dranbleiben möchte am Orgelspiel? Auch dazu hatte sich das Presbyterium bereits im Vorfeld Gedanken gemacht. Guntram Friese knüpfte Kontakte und konnte nach Vermittlung unseres sehr aufgeschlossenen Kreiskantors Mathias Staut die Orgelpädagogin Anna Maria Wüst aus Kerken gewinnen. Nicht ein Kind wollte weitermachen – sondern zehn!

Nun gibt es also zweimal wöchentlich Orgelunterricht in der Ev. Kirche in Kalkar für diese Kinder. Aber auch neben diesem Unterricht erklingt die Orgel. Denn die Kinder dürfen jederzeit mit ihren Eltern, später auch allein, die Kirchenorgel zum Üben nutzen. Wie schön, wenn für die eine oder den anderen daraus eine lange Freundschaft zur Orgel erwüchse – vielleicht, hoffentlich auch, um das Lob Gottes in der Kirche zu unterstützen.

Bilder (c) Thomas Hagen

1: Immer zu dritt wurde an der Orgel gelernt

2: 28 Begeisterte Kids beim Eingangssong des Abschlusskonzerts

3: Jeden Tag gab es einen neuen spannenden Ablaufplan

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