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Mut statt Wut

„Mit meinem Gott kann ich Mauer überspringen.“ Dieser Vers aus dem 18. Psalm der Bibel fiel mir in dieser Woche im wahrsten Sinne vor die Füße, als ich ein Buch aus dem Regal nahm. Manche sagen ja: Es gibt keine Zufälle. So auch hier. Ich konnte den Vers in diesem Moment gut gebrauchen. Zum Überspringen war mir gar nicht. Ganz im Gegenteil: müde, ungeduldig, aufgerieben, wütend. Ein Gemütszustand, der in diesen Zeiten doch hin und wieder eintritt. Öfter als sonst.

Ich erlebe es bei mir und bei anderen: Corona und seine Auswirkungen macht uns müde. Immer neue Regeln, immer neue Verlängerungen des Lockdowns, immer neue Vertröstungen. Und es macht uns wütend. Wir sind gereizt und dünnhäutig. Wir können uns gut über „die Politik“ ärgern. Können fragen: Warum läuft das nicht besser? Warum wurde nicht? Doch wo hin mit dem Frust und dem Ärger? Das Virus selbst bekommen wir ja schlecht zu greifen!

Dann lassen wir es an denen aus, die gerade da sind: unseren Nächsten, unseren Lieben. Übertragene Wut – so wird das genannt. Manchmal müssen Ärger und Frust raus. Uns allen tut das nicht gut. Das wissen wir. Aber wir kommen nicht immer dagegen an. Reden hilft – bevor sich alles aufstaut. Ja, das ist anstrengend und deshalb auch ermüdend. Und deswegen habe ich mich über diesen Mutmach-Satz auch so gefreut: „Mit meinem Gott kann ich Mauer überspringen.“

Robert Arndt
Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinden Goch und Kervenheim

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