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Landessynode hat begonnen: Sparkurs und bleibende Gaben
Präsesbericht: Sparkurs soll nicht davon abhalten, hier und jetzt für andere da zu sein
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Landessynode: Präses Latzel betont die bleibenden Gaben der Kirche
Bonn (ekir, 3. Februar 2025). Auch wenn die Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland auf ihrer Tagung in Bonn einen Prozess zur Einsparung von 33 Millionen Euro starten wird, der den Abschied von manchen Arbeitsfeldern einschließt, hält Präses Dr. Thorsten Latzel es für grundfalsch, „wenn Kirche auf diese Probleme reduziert wird und manche keinen anderen Reim auf Kirche mehr kennen als Krise“. In seinem „Bericht über die für die Kirche bedeutsamen Ereignisse“ an die Synodalen setzte er am zweiten Sitzungstag der „Sorgenfalten-Perspektive“ daher sieben Geistesgaben entgegen, „mit denen Gott uns befähigt, hier und jetzt für andere da zu sein“.
Mit diesem Perspektivwechsel will der 54-jährige Theologe in Berufung auf den Apostel Paulus den Blick auf die „uns von Gott geschenkten Kompetenzen“, einen geerdeten Glauben und die Bedeutung geistlicher Gemeinschaft richten. „Gott gibt seiner Kirche zu jeder Zeit die Gaben, die sie braucht. Auch uns.“ Sexualisierte Gewalt als das dominierende Thema des vergangenen Jahres sei dabei „Verrat am Geist Christi“: „Sie verkehrt, wofür Kirche steht, in ihr Gegenteil.“ Diese Schuld- und Schattenseite müsse immer mitgedacht werden, wenn es darum gehe, „wozu wir als Kirche berufen sind“.
Sicherheitsdebatte nicht auf Kosten von Menschenrechten führen
Die Gabe der Weisheit beschreibt für den Präses die Fähigkeit, „zuzuhören, mitzuleiden, Halt zu geben“. Sie sei besonders in der Seelsorge zu spüren, so auch nach den Gewalttaten in Aschaffenburg, Magdeburg und Solingen. Zugleich warnt Latzel davor, eine notwendige Sicherheitsdebatte auf Kosten von Menschenrechten und gelungener Integration zu führen. Es sei wichtig, die Diskussion zu versachlichen: „Menschen haben eine gottgegebene Würde – und durch ihr Menschsein das Recht, Rechte zu haben. Das schließt das Recht auf Asyl und Schutz vor Verfolgung ein. Es wird nicht von Staaten verliehen, sondern entweder anerkannt oder gebrochen.“ Das Asylrecht sei nicht die alleinige Antwort auf die komplexen Migrationsfragen und Migration nicht die Mutter aller Probleme. „Asyl ist kein Thema für einen politischen Überbietungswettbewerb im Wahlkampf.“
Mehr theologische Bildung für beruflich und ehrenamtlich Mitarbeitende
Mit der Gabe der Lehre verbindet der Präses religiöse Mündigkeit und Bildung als Gegengewicht zu fundamentalistischen Vereinfachungen. „Religionsunterricht ist von zentraler Bedeutung, damit junge Menschen etwas glauben und hoffen können.“ Auch der Aufbau eines theologischen Bildungscampus auf dem Gelände der Kirchlichen Hochschule in Wuppertal, der auf der Synode beraten wird, reagiere auf die Bildungsherausforderungen unserer Zeit. „Wir brauchen mehr theologische Bildung bei allen beruflich wie ehrenamtlich Mitarbeitenden.“ Die Aufgabe von Pfarrerinnen und Pfarrern werde immer mehr sein, andere zu befähigen, statt selbst zu machen. „Den Satz ,Dazu kann ich nichts sagen, ich bin ja kein Pfarrer.‘ habe ich zu oft gehört. Er widerspricht zutiefst unserem evangelischen Selbstverständnis und wir können ihn uns einfach nicht mehr leisten. Gerade als aufgeklärte Religion brauchen wir Bildungsangebote, in denen Menschen ihren Glauben erwachsen durchdenken und sprachfähig weitergeben können.“
Vertrauen als Basis für eine menschliche, offene Gesellschaft
„Menschen sehnen sich eigentlich danach, mehr zu vertrauen – und tun dies zugleich immer weniger.“ Dabei gehöre es zu den elementaren Gaben des Geistes Gottes, Vertrauen zu haben. „Zuallererst und grundlegend in Gott. Und dann durch Gott in mich selbst und meine Mitmenschen“, so Latzel. Aufgabe der Kirche sei es, „aus dem Glauben heraus eine menschliche, offene Gesellschaft zu stärken. Und das werden wir tun – egal, wie die Bundestagswahlen am 23. Februar ausgehen werden.“ Teil des Problems sei, dass soziale Medien im Privatbesitz populistischer Plutokraten gezielt zur Schwächung der Demokratie genutzt würden. „Aber Demokratien können sich wehren.“ In Bezug auf die ökumenische Kampagne „Für alle. Mit Herz und Verstand“ appelliert der Präses daher: „Wählen Sie Menschenwürde, Nächstenliebe und Zusammenhalt!“
Als Kirche und Diakonie an der Seite der Schwachen
„Nichts ist seit je überzeugender als ein Glaube, der in Liebe tätig ist. Diese Haltung hat auch unseren Sozialstaat geprägt, der wesentlich christliche Wurzeln hat“, sagt Präses Latzel. Der aktuelle Rückbau des Sozialstaats habe massive Folgen für die betroffenen Menschen und die ganze Gesellschaft. Die Gabe des Helfens und Heilens bleibe aber grundlegend für die Kirche. „Als Kirche und Diakonie werden wir daher weiter an der Seite der Schwachen stehen – und der Selbsterniedrigung unserer Gesellschaft durch Entsolidarisierung widersprechen.“ Dabei müsse noch deutlicher werden, wie eng diakonische und gemeindliche Kirche zusammengehören.
Mit Gott auch im Prozess des Kleinerwerdens rechnen
Bei der Gabe, Wunder zu tun, gehe es darum, mit Gott zu rechnen, „uns verwundern zu lassen, wie Gott durch uns aus Kleinem Großes bewirkt“. Das sei gerade auch im Prozess des Kleinerwerdens und der Haushaltskonsolidierung wichtig. „Haushalte sind in Zahlen gefasste Theologie. Sie drücken aus, für welche Inhalte wir unsere begrenzten Mittel einsetzen. In den strategischen Finanzüberlegungen für eine Kirche der Zukunft versuchen wir, dem Rechnung zu tragen: Wir rechnen nüchtern, klar – und zugleich mit Gottes Wirken.“
Forderung nach gerechtem Frieden in der Ukraine
Die Gabe, die Geister zu unterscheiden, ist für den leitenden Theologen wichtig im Blick auf die Ungeister von Hass und Gewalt. Latzel unterstützt die Forderung nach Frieden in der Ukraine. „Aber es muss ein gerechter Frieden sein, ein Frieden für die Ukrainerinnen und Ukrainer, nicht auf ihre Kosten. Ein Frieden, der nicht nur das Kämpfen beendet, sondern auch keine neue Unterdrückung begründet.“ Auch das Leiden aller Menschen in Israel und in Palästina bewege die Gemeinden intensiv. „Es fällt schwer, über den Konflikt zu reden, ohne eine Seite zu verletzen. Unsere Aufgabe ist es auch nicht, es von außen besser zu wissen oder gar zu meinen, den Konflikt lösen zu können. Es ist ein wichtiges Hoffnungszeichen, dass jetzt weitere Geiseln freigekommen sind, die Waffen für sechs Wochen schweigen sollen, Menschen in den unerträglichen Zuständen im Gazastreifen Hilfe erfahren.“ Zugleich gelte es weiterhin, jeder Form eines erstarkenden Antisemitismus entschieden entgegenzutreten.
Gemeinwesen lebt vom Mitmachen und nicht vom Rummotzen
In der Gabe der Leitung sieht Präses Latzel die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Eine Bereitschaft, die durch Diffamierungen und Anfeindungen zunehmend in Gefahr gerate. „Unser demokratisches Gemeinwesen lebt vom Mitmachen, nicht vom Rummotzen.“ Zugleich leide die Gesellschaft am Versagen mancher Verantwortungsträger. „Es ist ein Versagen, wenn Politikerinnen und Politiker nicht fähig sind, Kompromisse oder Koalitionen zu schließen. Es ist ein Versagen, wenn wir auf Kosten kommender Generationen leben.“ An das höchste Leitungsgremium der Evangelischen Kirche im Rheinland gerichtet sagte er abschließend: „Wir sind begnadete Christinnen und Christen – von Gott begabt, für andere da zu sein. Daher lasst uns mutig und getrost Kirche leiten: unmittelbar an der Sache Christi, relevant für die Menschen und flexibel in den Formen.“
Der gesamte Präsesbericht zum Download
Kirchentalk nach der Landessynode in Goch am 12. Februar
Die Abgeordneten aus dem Ev. Kirchenkreis Kleve
Den Evangelischen Kirchenkreis Kleve vertreten Superintendent Pfarrer Robert Arndt (Goch), Pfarrerin Karin Dembek (Kevelaer) sowie Michael Rolle (Kerken) als 1. nichttheologischer Abgeordneter und Dr. Rose Wecker (Goch) als 2. nicht-theologische Abgeordnete des Kirchenkreises.
Stichwort: Landessynode 2025
Die Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland ist das oberste Leitungsgremium der mit rund 2,1 Millionen Mitgliedern zweitgrößten Landeskirche in Deutschland. Die Synode hat 191 stimmberechtigte Mitglieder (sowohl Theologinnen und Theologen als auch Nichttheologinnen und -theologen) aus den 37 Kirchenkreisen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und im Saarland. In diesem Jahr tagt die Synode vom 2. bis 7. Februar in Bonn. Weitere Information und Livestream zu ausgewählten Tagesordnungspunkten finden Sie unter https://landessynode.ekir.de/